Moin Moin,
finde den von Lysanthe angesprochenen Punkt bei ad lib auch sehr interessant
Daher hier mal ein recht langer Text von mir dazu.
Ich selber würde meine Fütterung als "ad-lib-ähnlich" bezeichnen. Für mich bedeutet es einfach, dass immer verschiedene "Arten" von Futter zur Verfügung stehen. Das erste halbe Jahr haben die Schweinchen ihr Futter "rationiert" bekommen. Danach habe ich dann die Portionen einfach größer gemacht, so dass immer bis zur nächsten Fütterung noch etwas da war, bis ich dann feststellte, dass die beiden ein bestimmtes Futterverhalten an den Tag legen. Daraus hat sich dann die folgende Fütterung bei uns ergeben.
In den 2-3 Monaten, in denen ich im Winter wirklich absolut kein Gras, keine Wiesenkräuter und keine Äste (oder zumindest nur so wenig, dass es für zwei Schweine nicht ausreicht) finden kann, unterteile ich grob nach:
- Knolle (Möhre, Pastinake etc.),
- blättrig (Salate, versch. Kohlsorten, Möhrenkraut) und
- saftig (Gurke, Tomate, Paprika etc.).
Ich achte dann darauf, dass aus jeder dieser drei Kategorien immer ausreichend im EB liegt, dass die Schweinchen z. B. nicht nur Kohlrabiblätter fressen müssen, weil keine Salatsorte mehr da ist. Aber wenn ich z. B. drei verschiedene Salatsorten anbiete und eine davon ist nach einiger Zeit aufgefuttert, dann lege ich diese nicht speziell nach, wenn von den beiden anderen Sorten noch etwas da ist.
Sobald gesammelt werden kann, gibt es dann zusätzlich zu dem Gemüse eben die ersten Hände voll Wiese und Äste, bis dann so viel Wiese täglich gesammelt werden kann (ohne jetzt 5 Stunden durch die Wildnis ziehen zu müssen), dass diese den Hauptteil der Nahrung ausmacht. Ab diesem Punkt gibt es aus den o. g. Kategorien zwar auch immer noch etwas (Möhre, Kohlrabiblatt, Gurke, Tomate, Paprika und Fenchel), aber natürlich in wesentlich kleinerer Menge, da größere Mengen Gemüse auch gar nicht mehr gefuttert werden.
Obst gibt es zu keiner Jahreszeit täglich - nicht einmal wöchentlich. Es wird einfach so gut wie kein Obst angenommen hier.
Meine Beobachtungen nach 1 1/2 Jahren:
- kein Bettelquieken und "Raubtierverhalten". Klar kommen die beiden an, wenn Frauchen altes Gemüse aus dem EB klaubt und neues reinlegt. Und dann wird auch erst einmal hier und da gefressen, aber es sind immer nur ein paar Bissen. Danach kann man sich ja wieder ins Heu legen und schlafen oder irgendwelchen Blödsinn anstellen.
- Gewichtszunahme ohne zu verfetten. Ich habe das Gefühl, dass die Schweine sehr kontinuierlich Gewicht zulegen, bis sie an dem Idealgewicht angekommen sind. Danach geht es dann mal hier oder da 5 Gramm hoch, kann aber dann auch genauso gut mal 10-15 Gramm runter gehen. Rupert, mein zweijähriger Bock, hält sich stetig bei 1400-1430 Gramm, mein verstorbener Bertus hielt sich bei 1500-1520 Gramm. Der "Neue", Kayo, ist noch im Wachstum, da kann ich noch nichts zu sagen.
- Es wird grundsätzlich Blättriges und Grünes bevorzugt. Wenn Blättriges "aus" ist, fressen sie lieber Heu, als das sie mehr Möhre, Paprika o. Ä. fressen. Entsprechend besteht das Futter eben auch zum Großteil (ca. 2/3) aus Sorten der Kategorie "blättrig".
Obst kann ich selber essen ... ein Mal alle 1-2 Monate etwas Apfel oder im Sommer mal ein wenig Melone ist das einzige Obst, was hier überhaupt zumindest ein wenig gefressen wird (und Melone lieber als Apfel).
Ich habe zwar noch nicht den T4 Wert messen lassen bei meinen beiden, aber es gibt hier auch keine Anzeichen für eine Folgeerkrankung durch Diabetes.
Futterberge liegen hier übrigens schon im EB
Ich verteile 1x täglich im EB Futter, wobei ich bei leicht verderblichen Sachen dann weniger gebe und dafür dann lieber ein zweites oder drittes Mal etwas reinlege, sollte es notwendig sein. Allerdings kann es durchaus auch mal vorkommen, dass einige Stunden eben mal ein eingeschränktes Angebot da ist. Ich sehe das allerdings auch recht entspannt, denn in der Natur liegt ja auch nicht immer die volle Auswahl direkt vor der Nase.
Persönlich bin ich mit meiner oben beschriebenen Fütterung bisher sehr zufrieden und denke, dass ich damit ein recht gutes Gleichgewicht zwischen dauerhafter FriFu Verfügbarkeit und möglichst naturnahem Futter gefunden habe. Die Schweinchen scheinen damit auch glücklich zu sein; Verdauungsprobleme, fütterungsbedingte Zahnprobleme, Mangelerkrankungen o. Ä. hatte ich hier bisher nicht. Zeitaufwand ist auch sehr gering (sammeln gehe ich z. B. immer, wenn ich eh mit dem Hund gassi bin).
Es wird hier von den beiden Herren auch selektiert.
Diese von Lys angesprochene Fähigkeit zum Auswählen ist also hier durchaus vorhanden. Ich könnte den beiden ausschließlich Apfel, Melone, Erdbeere, Banane in den EB legen, und sie würden nach ein paar Bissen Apfel und ein paar mehr Bissen Melone dann am Heu hängen bleiben. Auch bei der Wiese sehe ich das immer wieder - wenn ich z. B. einen Tag übermäßig viel Löwenzahn anschleppe, dann bleibt der überschüssige Teil Löwenzahn einfach liegen. Bei Blüten ist es ebenso. Ein bis zwei Hand voll Blüten gehen an einem Tag in die Schweine, alles darüber hinaus bleibt liegen.
Das Einzige, was ich bisher einfach nicht verstehe, ist die Tomatensucht, die meine zwei seit dem letzten Winter an den Tag legen -.-
Woran das nun liegt, dass einige Tiere besser auswählen als andere kann ich nur vermuten. Rupert ist ja als Babyschwein zu mir gekommen, hat dann zwar ein paar Tage noch TroFu bekommen, das wurde dann aber sehr schnell abgesetzt. Er kannte auch schon ein paar Gemüsesorten. Ich nehme an, dass er dadurch mit der "ad-lib-ähnlichen" Ernährung anders umgeht, als z. B. ein Schweinchen, das erst mit ein oder zwei Jahren umgestellt wird. Bertus kannte auch nur Gemüse und zeigte das gleiche Verhalten wie Rupert. Kayo kannte ebenfalls Frischfutterfütterung und hat sich alles Weitere von Rupert abgeguckt.
Ich denke man kann also nicht pauschal sagen, die Tiere können oder können nicht auswählen. Und wie ja auch schon von anderen bemerkt wurde, könnte auch das gehäufte Auftreten von Diabetes einfach an einem gesteigerten Bewusstsein der Tierhalter liegen. Vor allem Leute, die sich viel in Foren erkundigen, bekommen auch mehr über Fehldiagnosen etc. bei TÄs mit und werden dadurch zu "aufgeklärten" Haltern, die beim TA dann eben nicht einfach hinnehmen, was ihnen gesagt wird, sondern gewisse Untersuchungen anfordern.
So, genug geschrieben. Ist ja schon wieder ein Roman geworden. Sorry.
So long,
Yas