Mein lieber, lieber Teddy,
heute ist es genau ein Jahr her, dass ich Dich habe gehen lassen.
Ja ich weiß, dass es eigentlich schon viel zu spät war und es schon fast als sadistisch bezeichnet werden könnte, dass ich noch zwei Monate habe leiden lassen. Aber bitte Teddy verzeih mir. Ich wusste nicht, wie es in Dir drin aussah...
Am 17. Februar 2006 holte ich Dich von einer Zoohandlung, von der ich dachte, dass sie nur "gute" Tiere verkauft. Immerhin: Ich wusste, dass Du von einer Züchterin in Albershausen stammtest, 4 Monate alt warst und natürlich wie gewünscht ein Böckchen. Du warst mein Retter, denn an diesem Nachmittag des 17. Februars verlor ich Thomas, mein erstes Meerschwein mit 3,5 Jahren. Es ging mir so schlecht, dass mich eine Freundin packte und mit mir nach Ersatz suchte. Nach langem Hin-und Her fand ich Dich: Cremefarben und wunderschön. Für mich war klar: Du bist es.
Daheim war man wenig begeistert. Du würdest hässlich aussehen mit diesen großen, fleischigen Hängeohren, aber ich wusste, dass es erstmal nur der Schock war, weil Du eben so anders aussahst...
Am Anfang hatte ich keine Hoffnung, jemals Dein Vertrauen gewinnen zu können. Wenn Du mal entspannt auf meinem Schoß gesessen hast brauchte es nur ein kleines Geräusch und schon bist Du in die Tiefe gefallen. Du hast dir dreimal insgesamt die oberen Zähne abgeschlagen und noch heute tut mir das Leid. Aber Du warst eben so entsetzlich schreckhaft. Gleichzeitig wolltest Du aber kuscheln und hast Dich immer ganz arg auf die Wolldecke gefreut, in der Du dich dann verkriechen konntest. Irgendwann platzte zwischen uns beiden doch noch der Knoten und wir wurden die besten Freunde. Wir schliefen zusammen ins Bett, Du warst immer frei und stubenrein und je älter Du wurdest, desto hübscher und stattlicher bist Du geworden.
Leider warst Du alleine und es dauerte ein Jahr, bis meine Mutter sich endlich für einen Partner entscheiden konnte. Sammy kam am 20. Januar 2007 zu uns und kaum hast Du ihn im Käfig erblickt, hast Du laut geheult.
Das änderte sich auch nie mehr. In den zwei Jahren durfte ich Sammy noch nicht mal auf dem Arm haben und Du konntest ihn sogar sehen- es wurde immer geheult. Aber so muss die wahre Liebe aussehen. Und wen störte es schon, dass ihr beide Böcke wart? Ihr wart verliebt und ich gönnte euch jeden zärtlichen Moment. Du warst ein wundervoller Lehrer und hast Sammy die Nähe zum Menschen gelehrt, die Stubenreinheit- einfach alles. Du warst perfekt...
Dann kam der Januar 2009. Ich erwischte Dich in der Küche beim Blutpinkeln. Der Arzt meinte, es sei eine Blasenentzündung, aber ich spürte, dass es in der Blase Probleme gab. Nach einer unnötigen Tortur mit AB bekam ich endlich den Ultraschall. Und wirklich: In der Blase war etwas zu sehen. Einen Tag später war die OP und ich durfte sogar dabei sein. Als Du offen vor mir lagst, habe ich hinein gesehen und Deine Blase betrachtet: Total geschwollen und entzündet. Was zuerst nach einem Tumor aussah, entpuppte sich als eingewachsener Blasenstein. Alles schien gut zu werden. Nach der OP hattest Du drei Tage Blut im Urin, dann war es vier Tage gut und dann kam das Blut wieder und auch die Schmerzen waren wieder da. Mein TA wollte nicht mehr wirklich nach dir sehen. Ich war ja übertrieben besorgt um Dich, laut ihm.
Ein zweiter TA machte dann einen zweiten Ultraschall. Man sah einen weiteren Stein und zwei Hügel. Hämatome wurde mir gesagt. So ein Schwachsinn. Nach zwei Wochen, dass weiß ich nun heute, hätte da nichts mehr sein dürfen. Aber wie das eben so ist: Man vertraut dem TA blind und erlebt das Beste zum Schluss: Die Niederlage.
Eine zweite OP hättest Du nicht überlebt. Ich war so am Ende, denn ich liebte Dich soooo abgöttisch. Du warst doch mein Schweinus! MEIN GELIEBTER SCHWEINUS! Irgendwas musste doch zu machen sein.
Ich suchte fieberhaft nach Hilfe und fand Eurologist. Ich kaufte es und gab es Dir, im Vertrauen auf die chinesische Heilmedizin.
Drei Tage später war der Stein draußen. Ich war so erleichtert und dachte, jetzt wäre es endlich geschafft...
Wie sollte ich mich irren. Du hattest weiterhin Blut im Urin und schmerzen. Doch warum nur? Der Stein war doch weg und alles nun sauber? Ich konnte es nicht verstehen, bis eines Tages Du nur noch gekrampft hast und auch kaum noch Urin kam. Schlagartig war auch alles wieder klar und ohne Blut. Da ich so oder so wusste, dass die Lage ernst war, entschied ich mich schweren Herzens, auch wenn das Geld zu 99% umsonst sein würde, Dich nochmals zu öffnen. Und wieder war es mir gestattet, in Dich hinein zu sehen. Das Bild, dass ich sah, prägte sich wie eine Mahnung in mein Gehirn ein: Deine Blase war nicht mehr da. Wo einst eine hätte sein sollen, war nun ein Tumor Deine Blase. Die zwei Hügel waren also keine Blutergüsse, sondern verändertes Gewebe. Keinen hat es interessiert und ich war wieder einmal zu dumm, dem TA blind zu vertrauen. Gegen 16.30Uhr wurdest Du eingeschläfert und ich weinte nicht. Das hatte ich den ganzen Tag vor dem TA Besuch getan. Die letzten zwei Tage habe ich komplett mit Dir auf dem Sofa verbracht. Nur wenn es auf die Toilette ging, ließ ich Dich kurz alleine. Wir hatten beide 48 Stunden ohne Schlaf, aber ich sah es als meine Pflicht an, für Dich da zu sein. So wie Du damals als Baby geholfen hast, Thomas abzulegen in meinem Herzen der verstorbenen Tiere und weiterzumachen, so habe ich nun Dir die letzte Ehre erwiesen, indem ich die Totenwache gehalten habe.
Und nun fließen erneut die Tränen, weil alles wieder hochkommt. Diese Schuldgefühle, dieses Kämpfen für nichts und wieder nichts! Warum? Warum frage ich mich immer wieder, gab es für uns kein Happy-End?!
Ich habe doch wirklich alles getan und trotzdem habe ich verloren.
Der stille Schrei - noch heute durchströmt er meinen Körper und will Rache an der Tierärztin, die sich so wenig für Dein Leiden interessierte.
Studiert haben viele, aber kaum einer handelt heute noch aus Liebe zum Tier sondern eher aus Liebe zum Geld. Du bist wie Thomas im Alter von 3,5 Jahren gestorben und die Wunde hat sich nie mehr geschlossen in meiner Seele. Noch viele Jahre werden ins Land kommen und vermutlich werde ich noch einige Meerschweine mehr über die Regenbogenbrücke gehen lassen müssen oder ihnen beim Gang über die Brücke zusehen.
Doch wenn ich dann meinen letzten Atemzug auf dieser Erde mache, werde ich an meine kleinen Freunde denken und mit diesem Gedanken auch einschlafen.
Teddy, ich werde Dich immer lieben und ich weiß, dass Dein Tod nicht umsonst war. Viele Meeries konnten dank Eurologist gerettet werden. Für einige war es leider wie bei Dir schon zu spät für Hilfe. Immer wieder lese ich von Blasenentzündung und Blasenstein-OPs, wo ich den Ausgang der Geschichte bereits kenne. Heute weiß ich, dass Blut im Urin in 50% der Fälle eben keine harmlose Blasenentzüdung ist, sondern bereits ein Vorbote, der klarmachen soll, dass die Zeit abläuft. Für die Zukunft weiß ich es und werde rechtzeitig die Notbremse ziehen.
Teddy, wahre Liebe findet einfach keine Worte. Doch Du weißt, wie sehr ich im Inneren an Dich denke. Mir fehlt Dein Gebrommsel, mir fehlen Deine behaarten Füßlein, mir fehlt Dein Quieken, mir fehlt- einfach alles an Dir.
Mein Teddy, lieber Teddy. Bitte verzeih mir, dass ich Dich nicht früher erlöst habe. Doch wer hätte schon geahnt, dass Deine Blase zugewuchert wird? Ich konnte es doch nicht wissen Teddy und Gott! Ich fühle mich so schuldig. Noch heute jagen mich diese schweren letzten Monate und Stunden. Ich kann es einfach nicht vergessen. Egal was ich mache oder tue, egal wieviele Meerschweinchen ich rette und habe - Deine Geschichte und Dein Tod jagen mich. Du warst so geliebt von mir und warst mein Ein und Alles. Und ich konnte dir nur noch einen Liebesbeweis geben: Die erlösende Spritze. Sie kam spät, aber noch rechtzeitig. Wer weiß, wie lange die Tortur noch angedauert hätte. Das hättest Du nicht verdient, denn Du warst ein geliebtes Schwein. Ich durfte so viel von Dir lernen und dafür bin ich Dir unendlich dankbar. Nicht jeder hat dieses Glück.
Es waren nur 3,5 Jahre, doch ich bin heute für jeden einzelnen dankbar, den ich haben durfte. Und wie sagt es ein Sprichwort:
Es ist schöner, etwas gehabt und wieder verloren zu haben,
als es nie gehabt zu haben.