Irgendwann endet auch der längste Weg...
Es ist ein Montag, ein Frühlingstag im Mai. Die vergangenen Tage warst du stärker als sonst aufgegast, seit gestern schienst du auch Schmerzen zu haben und dich unwohl zu fühlen. Ich war beunruhigt, jedoch hätte ich nicht gedacht, dass dies deine letzte Nacht bei uns sein sollte. Denn in den letzten Wochen gab es auch solche Vorfälle, wobei ich die Aufgasung mit intensiver, medizinischer Versorgung mehrere Male verbessern konnte.
Als ich an diesem Nachmittag nach Hause kam hattest du dich unter einem Handtuch zurückgezogen, ich hob dich aus dem Gehege und versorgte dich mit Medikamenten und massierte vorsichtig dein Bauch, wie ich es so oft getan habe. Dein gesamtes Abdomen war verhärtet und enorm vergrößert, diesmal schien auch dein Magen von der Aufgasung betroffen zu sein. Ich war erstaunt, da dein Kreislauf zu diesem Zeitpunkt noch so stabil wirkte. Wir legten dich mit einer Wärmflasche in die Transportbox und fuhren zum Tierarzt, dort bestätigte es sich: hochgradige Aufgasung wovon der gesamte Darm, sowie Magen betroffen ist.
Dir wurde eine Infusion, Novalgin und Emeprid injiziert. Im Nachhinein bereue ich das noch versucht zu haben, in dem Moment erschien es mir ein Versuch wert zu sein. Ich glaube die Ärztin wollte uns nicht die Hoffnung nehmen, aber sie deutete an das die Aufgasung bereits sehr weit fortgeschritten war.
Zuhause versorgte ich dich weiterhin mit Medikamenten und massierte regelmäßig deinen Bauch, das letzte Mal... Alle 15 Minuten sah ich nach dir. Nach 30 Minuten begannst du etwas Heu zu fressen, auch 4 Ml Päppelbrei nahmst du willig und etwas Minze hast du noch gefressen. Zwischenzeitlich hattest du dich sogar noch ein letztes Mal geputzt und auf die Wärmflasche gelegt, wie du es immer getan hattest... Es zerriss mir das Herz das zu sehen und zugleich zu wissen, wie kritisch dein Zustand war.
Um ungefähr 20:30 sah ich das nächste Mal nach dir, diesmal war alles anders: du saßt aufgeplustert und zusammengekauert im hinteren Bereich der Transportbox auf der Wärmflasche und gabst Laute des Unwohlseins von dir. Essen wolltest du nicht mehr, bei jedem Versuch meinerseits dich zum Fressen zu animieren wendetest du dich ab...
Mehrmals habe ich von verschiedenen Menschen gelesen: "Wenn ein Tier so krank ist, ist es bloß noch die Hülle seiner Seele."
Doch du warst mit deiner Seele noch klar bei mir, reagiertest auf mich und stupstest mich mit deiner kleinen Nase an, dein Körper jedoch verhinderte das du bleiben konntest....
Mir wurde klar, diese Nacht würdest du nicht überstehen. Der Prozess in deinem Körper war so weit fortgeschritten, dass das Simeticon keine Besserung mehr erwirken konnte.
Die Entscheidung, über ein selbstbestimmtes Lebewesen, für den Tod zu treffen, ist mit Sicherheit die schwerste Entscheidung meines Lebens gewesen.
Doch als du auch noch begannst in Zeitabständen vor Schmerzen zu fiepen, ohne das dich jemand berührte, wusste ich, entweder wir beenden den Weg, oder du würdest in absehbarer Zeit unter weiteren Schmerzen kollabieren...
Wuschel, ich hoffe so sehr, dass du auch in den letzten Sekunden gespürt hast, dass wir dich lieben und du nicht allein bist...
7 Jahre, welche ich ein Teil deines Lebens sein durfte. Die Hälfe meines Lebens, welche du mich begleitet hast. Die letzten 2 Jahre waren die intensivsten, schmerzvollsten und lehrreichsten mit Dir.
Du bist die Konstante in meinem Leben gewesen, auf welche ich mich, wenn alles auseinanderzufallen schien, immer verlassen konnte. Du warst da und hast mir, trotz der sorgenvollen Zeit, viele Momente des Glückes und der Dankbarkeit geschaffen. Des Weiteren vermitteltest du mir, auch wenn es Zeiten der Ungewissheit und Hilflosigkeit waren, ein Gefühl der Sicherheit - des sich Zuhause fühlen...
Durch dich habe ich gelernt, jeden Tag, welcher mir mit dir geschenkt wurde, wertzuschätzen. Ich habe gelernt mich auf die kleinen, erfreulichen Momente des Lebens zu fokussieren und das Leben so zu akzeptieren wie es kommt.
Eine Woche bist du nun nicht mehr da, begreifen kann ich es auch jetzt nicht wirklich, aber die Endgültigkeit des Todes wird kommen.
Wuschel 17.4.2016-8.5.2023
An diesem Tag denke ich auch besonders an Mümmi, welcher heute vor einem Jahr gestorben ist. Wuschel und Mümmi sind beide an einem Montagabend gestorben, Wuschel eine Woche vor Mümmi.
Mit ihnen sind im Oktober 2016 bei uns erstmals Meerschweinchen eingezogen, sie haben den Grundstein gelegt. So ein enges und besonderes Verhältnis wie diese beiden hatten, wird es vermutlich nie mehr geben.
Einen etwas tröstlicher Gedanke finde ich, dass diese beiden Kerlchen jetzt womöglich wieder vereint sind.
Ihr werdet für immer in meinen Erinnerungen verbleiben!🤍