Der Beitrag von mir wird etwas länger und mir schwirren viele Gedanken durch den Kopf. Ich versuche es trotzdem, einigermassen strukturiert zu halten, auch wenn ich innerlich die Antwort irgendwie schon weiss.
Einige werden mitbekommen haben, dass Thiago von mir am Sonntag in den Notdienst gebracht wurde. Grund dafür war, dass seine pumpende Atmung sehr starke Ausmasse angenommen hat und er zusätzlich öfters aufgebauscht und etwas inaktiv in seiner üblichen Ecke rumgesessen ist. Er hat zwar immer wieder etwas gefressen, es sah aber schon etwas angestrengter aus, auch Leckerlis wie Erbsenflocken hat er mehrere Anläufe gebraucht um diese runterzubringen.
Er war noch nie ein "leichter" Atmer und schon von Anfang an, als ich ihn mit 9 Monaten übernommen habe (aktuell 4 Jahre 7 Monate alt) hat er mir immer wieder Schrecken eingejagt weil er ab und zu röchelnde Atemgeräusche hatte usw. Es wurde nie etwas gefunden in Röntgenbildern, Abhören, Abstrichen, es schien halt einfach seine Art zu sein und hat ihn auch nicht weiter beeinträchtigt.
Allerdings hat vor etwa 1.5 Monaten angefangen, dass mir eine verstärkte Atmung vor allem im Ruhezustand aufgefallen ist. Sein sonstiger Zustand war aber gut und sobald er aktiv war, war die pumpende Atmung auch weg. Auch sonst war er normal in der Gruppe. Ich bin dann zum Tierarzt, das war am 9. September, und es wurde ein Röntgenbild angefertigt. Dort wurde festgestellt, dass der linke Lungenflügel verschattet ist. Mögliche Diagnosen Lungenentzündung oder Lungentumore, es ging aber eher Richtung Lungenentzündung. Er hat dann also für fast 2.5 Wochen AB gekriegt, es hat sich weder gebessert noch verschlechtert, ein Herzultraschall stand als weitere Diagnosemöglichkeit im Raum. Da dies aber nur an der Uniklinik hier möglich ist und dort auch nur ein einziger Kardiologe sich auch mit Heimtieren auskennt wurde das auf die lange Bank verschoben, falls es schlechter werden sollte. Atemgeräusche gab es zu diesem Zeitpunkt keine.
So sah es damals aus:
im Aktiven Zustand:
im passiven Zustand:
Es blieb dann auch lange etwa gleich gut/schlecht und er war weiterhin aktiv. Vor etwa 1 Woche hat er angefangen noch kräftiger zu pumpen bzw. "wellenartig" zu pumpen und gefühlt hat seine Aktivität auch etwas nachgelassen, da wurde ein Termin für den Herzultraschall eingeleitet, wegen der langen Wartezeiten wäre er diesen Freitag (28.) dran gewesen.
So sah es ein paar Tage vor diesem Notfall aus, es war etwa gleich schlimm am Sonntag aber er wirkte eben insgesamt einfach weniger fit und neu dazugekommen waren Atemgeräusche, man konnte klar hören wie er pumpt, kann das Geräusch aber schlecht umschreiben und auf dem Video ist es nicht zu hören:
Am Sonntag sass er wie zuerst beschrieben dann eben nochmal stärker pumpend und deutlich unzufrieden da, er hat zwar kleine Spaziergänge immer noch im Gehege unternommen und Interaktionen waren mit den anderen vorhanden, aber schon deutlich reduziert. Auch ein gutes Indiz für den schlechten Zustand ist, dass es sogar meinem Freund aufgefallen ist, der sonst kaum Veränderungen im Verhalten der Schweinchen merkt. ("wenn sogar er es merkt, ist es wirklich nicht mehr gut"). Ich habe etwa einen halben Tag gewartet um ihn zu beobachten - da er immer noch frass erschien es mir zumindest kein akuter Leben und Tod Notfall - aber irgendwie war es mir dann doch zu aufrührend ihn so zu lassen und bin dann eben in den Notfall. Jetzt sitzt er in der Uniklinik mehr oder weniger dauerhaft in einer Sauerstoffbox damit er nicht so angestrengt atmen muss. Zudem hat er Furosemid (Entwässerung) und um einer Dehydrierung vorzubeugen auch Infusionen erhalten. Fressen, Koten und Pinkeln sind völlig normal (war es auch zuhause noch).
Sie haben heute Röntgen und Herzultraschall gemacht, der Herzultraschall war (leider) komplett unauffällig, alles völlig in Ordnung. Ich schreibe leider, weil ich dann zumindest eine Behandlungsmöglichkeit gesehen hätte, man liest von einigen Herzschweinchen die zumindest noch um 1 Jahr + noch damit leben können. Auf dem Röntgenbild ist die linke Lungenseite komplett verschattet, scheinbar aber sogar ganz minim besser ausgelüftet als auf dem Röntgenbild vom September. Er atmet aber mehr oder weniger gerade nur noch mit einem Lungenflügel.
Die Tierärztin hat mir ehrlich gesagt nicht viel Hoffnung gemacht. Da es nicht das Herz ist und AB offenbar auch nicht angeschlagen hat kann es entweder sein, dass ein unbemerkter Infekt Lungengewebe beschädigt hat oder etwas Tumoröses die Lunge dicht macht. Sie persönlich würde ihn vermutlich bald bzw. morgen einschläfern lassen.
Sollte sein Zustand sich nicht bessern, bin ich auch dieser Meinung, denn wie er am Wochenende war erscheint mir nicht lebenswert. Ich fand es vorher schon teilweise etwas grenzwertig. Er könnte zwar sicherlich noch eine Weile überleben, aber selber als Asthmatikerin die zurzeit wegen einer Erkältung selber ab und zu Atemnot hat finde ich die Vorstellung absolut schrecklich, dauerhaft so leben zu müssen. Ich als Mensch kann einen Asthmaspray nehmen, beim Schweinchen geht das nicht. Kein Lebewesen hat es verdient, langsam zu Ersticken...
Auf der anderen Seite will ich natürlich auch nicht aufgeben. Auch die beiden Tierärzte mit denen ich zu tun hatte meinen, dass er abgesehen von der Atmung sehr gepflegt, gesund und vor allem wehrhaft wirkt (sie mussten ihn sogar leicht sedieren für den Herzultraschall weil er nicht stillhalten wollte). Das macht mir die Entscheidung leider sehr schwer, wobei ich sagen muss dass er am Sonntag schon nicht fit aussah und auch viel "Augenwasser" (Augenausfluss) hatte, was ich eher von Schweinchen kenne die gerade Schmerzen haben und dann Zähne knirschen o.ä.
Nun kommen meine "Abers"...
- Für mich erscheint es unlogisch, dass die beiden Röntgenbilder welche 1.5 Monate auseinander liegen +/- identisch sind (halt mit unterschiedlichen Geräten aufgenommen), aber die erlebten Zustände doch recht unterschiedlich sind
- Das Ganze ist extrem schleichend gekommen
- Er frisst, kotet und pinkelt gut, hat auch Interaktionen mit seiner Umwelt, er war auch in dem schlechten Zustand noch neugierig
- Falls es ein entzündliches Geschehen ist, hätte ein AB zwar vermutlich anschlagen müssen, aber irgendwie hat er auch nie eindeutig die Symptome einer Lungenentzündung gezeigt
- Falls es Tumore sind, ist es logisch, dass das nur auf einen Lungenflügel beschränkt ist?
Ich will ihn nicht unnötig quälen und vielleicht wäre es auch besser so, wenn er jetzt noch in einem halbwegs guten Zustand gehen darf. Ich weiss ehrlich gesagt nämlich nicht, ob ich es übers Herz bringen würde ihn wieder nachhause zu bringen, es nochmal mit AB o.ä. zu versuchen, dann schlägt es wieder nicht an und ich muss dann in 2 Wochen nochmal über Einschläfern nachdenken. Aber trotzdem ist halt diese klitzekleine Stimme in meinem Kopf die sagt, "ja aber so schlecht sah es auch wieder nicht aus", "was wenn es wieder besser wird"...
Ein etwas anderes Thema was mich umtreibt... Sollte die Einschläferung stattfinden, weiss ich nicht ob es klug ist ihn zuerst wieder nachhause zu nehmen (sind 1h Fahrt), in die Gruppe zu setzen und dann vor Ort bei einem TA in ein paar Tagen einzuschläfern oder es direkt in der Uniklinik geschehen zu lassen (wenn sie es zulassen, möchte ich ihn gerne noch in meinen Armen halten wenn es geschieht. Er war zwar nie extrem Menschenbezogen, aber immer merklich ruhiger beim Tierarzt wenn ich nahe war). Meine Gruppe ist nun bereits seit 2 Tagen ohne ihn, natürlich fehlt er aber jetzt sind sie vermutlich bereits im Prozess "er ist weg". Es ist das erste Mal, dass ich die Entscheidung zur Einschläferung treffen muss, meine bisherigen Verluste haben mir diese Entscheidung immer von selber abgenommen und nie wurde der Körper nochmal ins Gehege zur Verabschiedung hingelegt.
Falls sich das Ganze übrigens sehr trocken anhören sollte, lasst euch nicht täuschen, da ich mehr oder weniger seit 3 Stunden immer wieder am Weinen bin und auch jetzt gerade mir wieder die Tränen kommen