Meine über alles geliebte Möndli
Dass du überhaupt bei uns gelandet bist, war eigentlich eine Verkettung diverser Zufälle, denn ursprünglich wollten wir nur 4 Meerschweinchen haben. Mein Freund hatte alle ausgesucht, ich bestand allerdings darauf, mindestens eine Agoutidame dabei zu haben, also wurden es dann 5, die wir im Voraus ausgesucht hatten. Bönli war die fünfte Dame. Als wir bei der Züchterin ankamen, hat sie uns betreten gestanden, dass sie uns «Sunny», die Erzieherdame mit Jahrgang 2017, nicht mitgeben könne – durch einen ungeplanten Krankenhausaufenthalt sei das Mädchen gedeckt worden und nun trächtig. Für mich war das okay, dann würden es halt trotzdem nur 4 Schweinchen bleiben, doch zu unserer Überraschung zückte die Züchterin prompt ein Meerschweinchen hervor, was uns reichlich argwöhnisch begutachtete. Dieses argwöhnische Schweinchen warst du, meine liebste Möndli, damals noch «Over the Moon» getauft. Ich gebe es zu, ich wollte es eigentlich bei den 4 belassen, da das Gehege auf die Gruppengrösse berechnet war, aber mein Freund bestand darauf dich mitzunehmen. Gottseidank, ich danke ihm bis heute für diese Hartnäckigkeit!
Du bist Mitte Dezember 2018 als 2 Monate altes Schweinchen zu uns gekommen. Rund 700g wogst du und warst damit schon ein echter Wonneproppen, aber auch grösser als ein Durchschnittsschwein. Kaum hier angekommen, warst du sehr schnell ziemlich neugierig und zutraulich, was diese komischen rosafarbenen Zweibeiner den ganzen Tag so anstellen, während die anderen noch lange sehr ängstlich blieben. So lagst du relativ schnell ziemlich entspannt auch ausserhalb von Häusern herum, denn so kann man die Menschen besser beobachten.
Sehr schnell war es kein ungewohnter Anblick mehr, wenn du am «Bartresen», einem kleinen Unterstand, die Pfoten draufgestellt hattest und uns bettelnd angeguckt hast. Dabei ging es dir nicht immer nur darum, ein Leckerli abzustauben, sondern du wolltest einfach Aufmerksamkeit von uns.
Sehr schnell wurde es zur Normalität, dass du am Gehegeende direkt bei der Tür gewartet hast um uns zu begrüssen, für uns wurde es zur Routine beim Nachhausekommen dir erstmal Hallo zu sagen. Du konntest aber auch chillen, das war allerdings eher die Seltenheit, denn du warst immer sehr aktiv.
Den anderen hast du bald beigebracht, wie man richtig bettelt, und so wurde die ganze Gruppe nach und nach zutraulicher. Du warst trotzdem immer das Schweinchen, bei dem wir aufrichtig gemerkt haben, dass du uns sehr magst.
Streicheln war am Anfang allerdings noch komplett tabu, das mochtest du ganz und gar nicht, angegrabbelt zu werden. Auch im Auslauf hast du bestimmt, dass du uns anfasst, aber wir dich nicht. ? «Hiergeblieben bis es Futter gibt! Der Käsefuss da zählt nicht!»
So verging eine lange Zeit, wo wir viel Spass miteinander hatten. Du hast Intelligenzspielzeug geliebt und wurdest auch gerne mit kleinen Tricks gefordert. So bist du uns ziemlich zügig auf die Hand geklettert, hast Männchen gemacht und dich um deine eigene Achse gedreht.
Im August 2020 dann der Schock, als du von einem Tag auf den andern aufgebauscht herumsasst und mit sehr mies gelauntem Blick nur wenig gefressen hast. Als ich dich genauer angeschaut habe ist mir eine dicke Backe aufgefallen, also bin ich sofort in den Notfall. Natürlich war es Freitagmittag, die Zeit wo Operationen immer sehr kritisch werden. Trotzdem konnte eine schnelle OP organisiert werden, du warst dann stationär übers Wochenende weg. Am Montagmorgen habe ich dich abgeholt und du hast dich so gefreut, mich zu sehen und wieder nachhause zu kommen. Obwohl du sehr fit gewirkt hast, hattest du noch nicht so wirklich Appetit, verständlich bei einer Wunde im Maul, also haben wir viel Zeit gemeinsam verbracht wo ich dich regelmässig gepäppelt habe. In dieser Zeit habe ich dir versprochen, dass ich alles mir Mögliche machen würde, um dir ein schönes und langes Leben zu ermöglichen, wenn du mir dafür im Umkehrschluss versprechen würdest mindestens 7 Jahre alt zu werden. Nach einem anstrengenden Monat hast du schliesslich wieder selbst angefangen, genug zu fressen und alles war wie früher. Nunja, fast, denn plötzlich mochtest du es, im Gehege gestreichelt zu werden und ab dann war es ein fester Bestandteil des Alltagsrituals, dass du ordentlich durchgestreichelt wurdest.
Ich vermisse so unglaublich vieles von dir. Dein empörtes Quietschen, was wie eine ungeölte Türangel klang, wenn ich im Home Office mal ein paar Stunden es gewagt habe, dir keine Aufmerksamkeit zu schenken. Dein Fiepen, wenn du dich in ein Kuschelzeug reingequetscht hast und es genervt nach deinem Geschmack angepasst hast. Das Ränzchen, was du beim Herumchillen immer unschmeichelhaft rausgedrückt hast und wir liebevoll mit «Abränzeln» umschrieben haben.
Die Argusaugen, mit denen du verfolgt hast ob ich auch das Gehege korrekt reinige. Dein wählerisches Herumzupfen im Heu, bis du genau DEN Halm bekommen hast, der dir schmeckt. Deine Patrouillengänge durch das Gehege alle paar Stunden, wo du geprüft hast ob alle Rudelmitglieder in Ordnung sind, denn deine Rolle als Anführerin war dir sehr wichtig. Dein skeptischer Blick, wenn wir etwas Neues montiert hatten wie beispielsweise die grosse Auslauframpe. Du hast mich dann immer an einen bürokratischen Beamten erinnert, der 1mm Abweichung bemängelte und erst zufrieden war, wenn alles top gesichert war. Dein Herumalbern, denn du hattest irgendwie ziemlich oft einen Heuhalm auf der Nase oder auf dem Kopf, den du minutenlang spazieren führen hast. «Look it up, its called fashion», haben wir dazu gesagt, aber wir sind ja auch Modebanausen und du warst unserer Zeit voraus. Und die Selfietimes, wo du lustig in die Kamera geguckt und mit meinem Freund herumgeblödelt hast.
Aber am allermeisten vermisse ich diesen stets freudigen Blick und das Hin- und Hergerenne an den Gehegescheiben. Dir stand die Freude, uns zu sehen, immer so ins Gesicht geschrieben. Egal wie schlecht gelaunt oder traurig wir waren, dich zu sehen hat uns immer ein Lächeln ins Gesicht gezaubert und die Welt war direkt schöner. Man konnte dich rufen und du bist angelaufen gekommen, schienst uns immer erzählen zu wollen was heute alles passiert war. Zudem warst du auch in der Gruppe ein unglaublich liebes Schwein, du wolltest mit jedem befreundet sein und warst lieb zu allen, selbst als Rudelführerin warst du nie gemein und hast nur sanft zurechtgewiesen. Xanani mochte dich zwar nicht besonders, aber du hattest ihr ja schliesslich den Rang abgeluchst als sie mal schwer krank war. Selbst zu ihr warst du stets lieb und hast bei ihr sogar Krankenschwester gespielt, als es ihr wieder nicht gut ging.