Hallo,
ich sehe es nicht so, daß die Ratten sicher schon lange da waren. Sie suchen sich ja auch neue Reviere und machen neue Rudel auf. Kann sein, daß das Muttertier irgendwo beim Bauernhof geboren ist und eben ausweichen mußte. Ratten gehen meiner Kenntnis nach auch weg, wenn dort Artgenossen des eigenen Rudels gestorben sind, sie sind ja recht intelligent.
Ich habe kein phobisches Problem mit Ratten, aber es kann einem schon zu viel werden, weil sie halt findig sind und sich erst mal zahlenmäßig ausbreiten können, wenn es ihnen irgendwo zusagt. Ich habe mal in der Altstadt in einem nicht sonderlich gepflegten Fachwerkhaus als letzte Bewohnerin gewohnt während meines Studiums. Im Hinterhaus war niemand mehr und unten im Haus auch nicht. Da war ein kleiner, schattiger Innenhof mit viel Zeugs. Da hat dann auch eine Rattenmutter ihre Jungen aufgezogen. Nachdem sie sich einmal auf dem Gartentisch aufgestellt und bedroht hat wegen ihrer Jungtiere habe ich mich mit ihr einigen können, daß das anfängliche Drittel mit den Wäscheleinen mir gehört, der hintere Teil ihr. Sprich; ich habe vor lauter Schreck -sie hatte eine recht beachtliche Größe und hat echt fies gezischt- auf sie eingeredet wie blöd. Während ich mit ihr redete hat sie ihre Drohgebärde aufgegeben und hat zugehört. Dann ging sie langsam am Tischbein herunter und in Ruhe zu ihren Jungen hinter dem Steinstapel. Ab da konnte ich wieder unbehelligt meine Wäsche aufhängen, wenn sie mich sah, hat sie mich ruhig beobachtet, sich aber nicht mehr so aufgeregt.
Das hat mich sehr beeindruckt, das muß ich schon zugeben. Allerdings wurden die Jungtiere älter und liefen dann eben alle da herum, so daß ich auch sah, daß sie unter der Haustür durch den Flur bis in den Hof gelangten. Auch das habe ich noch hnnehmen können und bin halt stehen geblieben, wenn eine da lief.
Aber dann wurde mir richtig mulmig: sie fingen an die Treppe hoch zu kommen -sicher in der Hoffnung auf Futter bei mir. Genau so wie durch die Haustür hätten sie es auch unter meine Wohnungstür durch geschafft. Meine Schweinchen hatten ein offenes Bodengehege und auch damals schon Dauerfreilauf in der ganzen Wohnung. Ich habe das dann immer zugestopft beim Kommen und Gehen, aber letztlich gab es keine beruhigende Lösung, und ich war froh, daß ich eh da weggezogen bin. Was dann schlimm war: mein Vermieter bzw. sein Sohn hatten sie bei einem Aufenthalt entdeckt und dann Gift gelegt. Das fand ich noch schlimmer: das Wissen, daß mir nun jederzeit eine torkelnde, sterbende Ratte über den Weg laufen könnte oder eine tote im Flur/ Hof liegen. Nicht nur aus Mitgefühl, sondern davor war mein Ekel weit stärker als vor den gesunden Ratten.
Was ich sagen will: ich schalte -trotz meiner Erziehung, daß Ratten eklig sind und Ängste auslösen- meinen Kopf ein und respektiere sie. Im Hof Wäsche aufzuhängen oder auch nur durch den Hausflur zu meiner Wohnung oder raus zu gehen war seitdem schon auch eine gewisse Überwindung, aber dazu war ich noch bereit. Aber zu viel Nähe ist auch mir irgendwann gruselig, und trotzdem hat eben jeder seine Grenzen. Darum verstehe ich Steffen sehr wohl und bin froh, daß er sich damit so auseinandersetzt und versucht trotz seiner sehr mulmigen Gefühle den Kopf einzuschalten und nicht einfach in den nächsten Gartenhandel geht und Rattengift kauft.
Vielleicht gibt es jemanden in Deiner Familie, der sich in der Lage fühlt, "gefüllte" Lebendfallen aufzunehmen und sie wegzufahren oder wegfahren zu lassen? Ich würde da schon mindestens 3 Kilometer fahren und einen geeigneten Ort suchen und alle am selben Ort aussetzen. Das ist natürlich sehr aufwändig.
Oder aber Du schaffst es einfach wirklich die Ratten zu ignorieren. Bald ist Herbst, sie werden voraussichtlich nicht noch einmal werfen wollen und dann abziehen. Es ist ja eine Aufzuchtstätte auf Zeit, kein Wohnort.
Immerhin hast Du herausgefunden wo genau sie wohnen, auch das ist ja schon mal ein bißchen Kontrolle.
LG,
Steffi