Lieber Bresal,
vor einigen Monaten bist du, nur im Alter von 2 1/2 Jahren, über die Regenbogenbrücke spaziert auf eine große Wiese, vielleicht den Wiesen in Peru mit dem vitaminreichen Gräsern ähnlich, von denen ich euch immer erzählt habe. Es ist schon lange her, aber du fehlst uns immer noch so sehr. Für einen anderen Menschen warst du bloß ein kleines unbedeutendes Meerschwein, das hundertausend Meerschweinchen gleicht, für mich, warst du ein Freund, einzigartig auf dieser Welt. Wie sagt der Fuchs zum kleinen Prinzen:
"Guten Tag", sagte der Fuchs. "Guten Tag", antwortete höflich der kleine Prinz, der sich umdrehte, aber nichts sah. "Ich bin da", sagte die Stimme, "unter dem Apfelbaum ..." "Wer bist du?" sagte der kleine Prinz. "Du bist sehr hübsch ... " "Ich bin ein Fuchs", sagte der Fuchs. "Komm und spiel mit mir", schlug ihm der kleine Prinz vor. "Ich bin so traurig ..." "Ich kann nicht mit dir spielen", sagte der Fuchs. "Ich bin noch nicht gezähmt!" "Ah, Verzeihung!" sagte der kleine Prinz.
Aber nach einiger Überlegung fügte er hinzu: "Was bedeutet das: ,zähmen'?" (...)
"Zähmen, das ist eine in Vergessenheit geratene Sache", sagte der Fuchs. "Es bedeutet: sich vertraut machen "
"Vertraut machen?"
"Gewiß", sagte der Fuchs. "Du bist für mich noch nichts als ein kleiner Knabe, der hunderttausend kleinen Knaben völlig gleicht. Ich brauche dich nicht, und du brauchst mich ebensowenig. Ich bin für dich nur ein Fuchs, der hunderttausend Füchsen gleicht. Aber wenn du mich zähmst, werden wir einander brauchen. Du wirst für mich einzig sein in der Welt. Ich werde für dich einzig sein in der Welt ..." (...)
"Mein Leben ist eintönig. Ich jage Hühner, die Menschen jagen mich. Alle Hühner gleichen einander, und alle Menschen gleichen einander. Ich langweile mich also ein wenig.
Aber wenn du mich zähmst, wird mein Leben wie durchsonnt sein.
Ich werde den Klang deines Schrittes kennen, der sich von allen andern unterscheidet. Die anderen Schritte jagen mich unter die Erde. Der deine wird mich wie Musik aus dem Bau locken. Und dann schau! Du siehst da drüben die Weizenfelder? Ich esse kein Brot. Für mich ist der Weizen zwecklos. Die Weizenfelder erinnern mich an nichts. Und das ist traurig. Aber du hast weizenblondes Haar. Oh, es wird wunderbar sein, wenn du mich einmal gezähmt hast! Das Gold der Weizenfelder wird mich an dich erinnern. Und ich werde das Rauschen des Windes im Getreide liebgewinnen."
Der Fuchs verstummte und schaute den Prinzen lange an: "Bitte ... zähme mich!" sagte er.
"Was muß ich da tun?" sagte der kleine Prinz.
"Du mußt sehr geduldig sein", antwortete der Fuchs.
"Du setzt dich zuerst ein wenig abseits von mir ins Gras. Ich werde dich so verstohlen, so aus dem Augenwinkel anschauen, und du wirst nichts sagen. Die Sprache ist die Quelle der Mißverständnisse. Aber jeden Tag wirst du dich ein bißchen näher setzen können ..." (...)
Die Menschen haben diese Wahrheit vergessen", sagte der Fuchs. "Aber du darfst sie nicht vergessen. Du bist zeitlebens für das verantwortlich, was du dir vertraut gemacht hast.
(Antoine de Saint-Exupéry:
Der kleine Prinz)
Leb wohl, Bresal, mein Meerschwein, mein Freund...
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